Was ist bitteschön ein modernes und gleichzeitig altes Klavier? Nun, das ist ein circa 100 Jahre altes Klavier mit einer bereits modernen Konstruktion. Was aber ist eine moderene Konstruktion? Modern ist das, was heute auch noch der Standard ist. Und das ist der so genannte Kreuzsaiter, bei dem sich die Bass- und Diskantsaiten überkreuzen und auf (mindestens) 2 Stege verteilen, sowie die Klaviermechanik mit einer Unterdämpfung, die ihren Namen von der Position unterhalb des Klavierhammers bekommen hat.
Diese Merkmale zeichnen bis heute unsere Klavier aus. Jedoch sind das die erreichten Meilensteine des Klavierbaus bereits seit circa 1870. Seitdem hat sich im Klavierbau wenig zum Guten verändert. Besser wurde die Saitenqualität, die jedoch ausgerechnet in Deutschland bis heute kaum eingesetzt wird. Schlechter wurde hingegen der Klavierklang sowie die Spielart als eine logische Folge, wenn man versucht, ein Klavier in ein immer kleineres Gehäuse zu verpacken, wie das beim so genannten Kleinklavier der Fall ist.
Um also mehr über unsere Klavier zu erfahren, müssen wir genauer hinsehen. Dabei fällt uns auf, dass im Übergang zum Bass der Startpunkt der klingenden Saitenlänge für einige Saiten verschoben ist. So etwas sieht man vor allem bei älteren Klavieren immer wieder, nicht mehr jedoch bei den neuen Pianos. Was ist der Grund für dieses Konstruktionsmerkmal? Es könnte das Bewusstein der Klavierbauer für die Probleme mit der so genannten Mensur der Saiten sein. Auffällig ist bei jedem Klavier, dass die Bass-Saiten komplexer aufgebaut sind als die Saiten im Diskant. Das bedeutet, dass es innerhalb der Klaviatur also einen Wechsel in der Struktur der Saiten gibt. Hinzu kommt der Wechsel von 3 blanken Stahlsaiten pro Ton im Diskant zu lediglich 2 umsponnen Saiten im Bass. Dieser Übergang könnte sich auf das Stimmen auswirken und darüber hinaus auch hörbar sein. Beides wäre nicht erwünscht. Daher versuchte man früher gelegentlich, das Problem der Stimmung durch präzisere Konstruktionen zu vermeiden. Der Ausgleich der möglicherweise hörbaren Unterschiede ist dagegen ein Fall für die Intonation. Mit dem Begriff der Intonation haben die Klavierbauer einen bereits belegten Begriff mit einer neuen Bedeutung verwendet: Anpassung von klanglichen Unterschieden.
Wie ist das nun mit der Optimierung der Mensur? Gibt es dafür weitere Hinweise? Ja, man findet Sie unterhalb des Spieltisches,wenn man einen Blick auf die Stege wirft. Dort findet man gleich 3 Stege. Nämlich zum einen rechts unten den Steg für die Bass-Saiten. Darüber befinden sich der normale Steg für die Diskant-Saiten und links daneben ein kurzer Steg für die Saiten aus dem Übergang vom Diskant zum Bass, die uns oben am Stimmstock bereits durch das angesprochene Konstruktionsmerkmal aufgefallen sind. Und wie haben sich die konstruktiven Merkmale der Mensuroptimierung auf die Stimmbarkeit ausgewirkt? Positiv. In diesem Bereich gab es beim Stimmen keine Abweichungen.
Beim ersten Probespielen habe ich mich verspielt. Der Grund dafür ist die unausgeglichene Intonation. Wie man auf einem Bild einwandfrei erkennen kann, zeigt das Filzprofil der Klavierhämmer deutliche Spuren. Als Folge klingen manche Töne härter und/oder lauter als andere. Diese wirken sich beim Spielen als eine Störung für die beim Klavierspiel erwünschte Entspannung aus. In meinem Fall fing ich beim Spielen an, darauf zu achten, welche Töne aus der Reihe tanzten - und schon hatte ich mich verspielt. Also musste ich nach dem Stimmen das Klavier noch ausgleichend intonieren.
Den Prozess der Intonation, also das Spielen, das Prüfen, das vergleichende Anspielen und erneute überprüfen bis hin zum finalen Probespiel können Sie im dritten Beispiel quasi mithören. Im vierten Hörbeispiel gibt es noch einmal das finale Probespiel exklusiv, damit es mit vorhergehenden Versionen z.B. in 2 Fenstern/Tabs Ihres Browsers Schritt für Schritt vergleichbar ist.